Mandschu-Kaiser in China

Mandschu-Kaiser in China
Mandschu-Kaiser in China
 
Mit der Eroberung des chinesischen Throns durch die Mandschu 1644 begann die letzte Dynastie, mit deren Sturz 1912 nach über 2000 Jahren die kaiserlich-monarchische Tradition Chinas endete. Wieder stand das Reich unter einer Fremdherrschaft. Die Mandschu machten sich die Schwächen der Ming-Herrschaft zunutze und überfielen das durch Bauernaufstände geschwächte China, dessen Armeen ohne fähige Führer waren. 1644 etablierte sich ihr Kaiser in Peking. Er gab der Dynastie in Analogie zu »Ming« (klar) die Bezeichnung »Qing« (rein).
 
Die Verwaltungsstruktur der Ming wurde beibehalten und die wichtigsten Ämter ungefähr gleichgewichtig mit Mandschu und Chinesen besetzt; etwa 80 bis 90 Prozent der unwichtigeren Posten waren in chinesischen Händen. Mit mongolischen und chinesischen Verbänden von berittenen Bogenschützen (Bannern) schufen sich die Mandschu eine schlagkräftige Streitmacht. Unter der Mandschu-Herrschaft wurde 1720 Tibet fest mit China verbunden, nachdem gegen Ende des 17. Jahrhunderts Kaiser Kangxi, einer der bedeutendsten Herrscher der Mandschu-Dynastie, seine Oberherrschaft über die gesamte Mongolei verkündet hatte. Im Nordwesten reichte China bis an den Balchaschsee, im Südosten dehnte sich sein beherrschender Einfluss bis zur Südspitze der Malaiischen Halbinsel, im Südwesten gehörten Taiwan, die Pescadoren und die Ryukyu-Inseln zu China.
 
Mit dem aus der Ming-Dynastie übernommenen Verwaltungssystem konnte das Riesenreich mit seiner wachsenden Bevölkerung noch einigermaßen zusammengehalten werden. In der ersten Hälfte des 18. Jahrhunderts erschien es manchen Europäern (Leibniz, Voltaire) wegen seiner hohen Kultur und zivilisatorischen Vollkommenheit als idealer Staat. Aber 100 Jahre später war der Zerfall offenkundig: Im Opiumkrieg, der 1840 mit England wegen der Frage der Legalisierung der Opiumeinfuhr ausbrach, musste China Hongkong an England abtreten. In weiteren »ungleichen Verträgen« mit ausländischen Staaten, verlor es Einfluss und Herrschaft über riesige Gebiete. Das alte China brachte nicht mehr die Kraft auf, sich aus sich selbst zu erneuern; die konfuzianische Ordnung war erstarrt und hatte sich überlebt.
 
Die von außen andrängenden imperialistischen Mächte beschleunigten mit ihrer nationalen Geschlossenheit, ihrer geistigen und technischen Überlegenheit den Zusammenbruch des alten Reiches. Die Niederlage im Krieg gegen Japan 1895, der wegen der Rivalität um die Herrschaft über Korea ausgebrochen war, und das völlige Scheitern des Kampfes gegen ausländischen Einfluss (Boxeraufstand) machte die Schwäche Chinas vollends offenbar. Großbritannien, Deutschland, Frankreich und Russland diktierten 1901 das Boxerprotokoll, wonach China innerhalb von 39 Jahren 450 Millionen Silbertaler als Kriegsentschädigung an die Alliierten zahlen sollte. Damit war der finanzielle Ruin des Landes besiegelt. Anfang 1912 musste die Dynastie abdanken. China wurde Republik.

Universal-Lexikon. 2012.

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